Der industrielle Bedarf an dem Aromastoff Vanillin übertrifft die natürlichen Quellen bei Weitem. Vanillin wird daher in grossen Mengen chemisch aus Erdöl hergestellt – und ist dadurch auch wesentlich billiger als der Aromastoff aus den fermentierten Kapselfrüchten der Gewürzvanille. Eine Alternative bietet die Gewinnung von Vanillin aus Lignin, das als Abfall in der Zellstoffindustrie anfällt. Der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Siegfried Waldvogel an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) ist nun ein weiterer Fortschritt bei der elektrochemischen Herstellung von Vanillin aus Lignin gelungen. Dazu wurde ein „grünes“ Oxidationsmittel eingesetzt, das den oxidativen Abbau von Kraft-Lignin – das massgebliche Abfallprodukt – zu Vanillin bewerkstelligt.
Vanillin wird in unzähligen Lebensmitteln und Getränken verwendet, aber auch die Parfüm- und die Pharmaindustrie benötigen den Aromastoff. Die chemische Herstellung beläuft sich daher auf mehrere zehntausend Tonnen jährlich. Allerdings werden hierfür meist fossile Rohstoffquellen genutzt und das Verfahren hinterlässt giftige Abfallprodukte. „Die Herstellung von Vanillin aus dem Holzbestandteil Lignin umgeht diese Nachteile“, so der Chemiker Siegfried Waldvogel. „Mit dem elektrochemischen Verfahren, an dem wir seit fast 15 Jahren arbeiten, können wir qualitativ hochwertiges Vanillin umweltschonend aus der erneuerbaren Ressource Holz gewinnen.“
Lignin wird schon seit Langem als Ausgangsmaterial für Vanillin verwendet. Ein aktuelles kommerzielles Verfahren beruht auf dem Einsatz von Kupfer als Katalysator, das jedoch ist mit kostspieligen Schritten zur Reinigung des Endprodukts verbunden. Im Gegensatz dazu sei die direkte Verwendung von elektrischem Strom als Oxidationsmittel inhärent sicher, kostengünstig und vermeidet die Entstehung von Abfall, heisst es in dem Fachbeitrag.
„Wir sind überzeugt, dass wir mit unserem nachhaltigen, umweltschonenden Prozess dazu beitragen können, dass Vanillin auch in grösserem Massstab hergestellt wird“, sagt Siegfried Waldvogel.
Für die nachhaltige Produktion von Vanillin wird Kraft-Lignin, das als Abfallprodukt bei der Papierherstellung anfällt und dann zur Stromgewinnung dient, als Ausgangsmaterial verwendet. Als Lösungsmittel kommt Natronlauge zum Einsatz und als Oxidationsmittel wurde der Ligninlösung zu Beginn der Reaktion eine frisch elektrolysierte Peroxodikarbonatlösung zugesetzt. „Wir erreichen damit eine Ausbeute von bis zu 6,2 Gewichtsprozent, das ist ein hervorragendes Ergebnis“, sagt Waldvogel. Darüber hinaus ist das verwendete Karbonat der notwendige Zusatz für den industriellen Betrieb der Zellstoffanlage. Somit sind alle Wege offen, das Verfahren technisch mit einer Bioraffinerie zu kombinieren. Die Forschungsarbeit wurde in dem renommierten Fachmagazin Angewandte Chemie veröffentlicht. (Johannes Gutenberg-Universität Mainz)