2015 wurden in der Schweiz 188 806 Tonnen Käse produziert, 1,9 Prozent mehr als im Vorjahr. Gemäss der TSM Treuhand GmbH erreichte die Käseherstellung damit einen Höchststand. Trotz Mehrproduktion wurde nicht mehr Milch verkäst, weil vermehrt Frischkäse (+11,6 %) und weniger Hartkäse (–3,8 %) hergestellt wurden. Die Butterproduktion sank um 3 Prozent auf 46 844 Tonnen. Quark (+20,6 %) und Konsumrahm (+3 %) legten zu, während Trinkmilch (–3,3 %), Jogurt (–1,2 %) und Dauermilchwaren (–5,9 %) ein Minus verzeichnen. Die Anzahl Milchbauern sank um 832 auf 21 765. Die Abnahme entspricht laut der TSM Treuhand GmbH der Entwicklung der Vorjahre. Insgesamt wurden im letzten Jahr 3,486 Millionen Tonnen Milch gemolken. Gegenüber dem Rekordjahr 2014 entspricht dies einem Minus von 1,5 Prozent. Die durchschnittliche Milchproduktion pro Betrieb erhöhte sich um 3648 kg auf 154 705 kg.
Im internationalen Umfeld steht die Milchbranche unter grossem Druck: Der Schweizer Milchmarkt ist derzeit teil-liberalisiert, das heisst seit 2007 gilt beim Käse Freihandel zwischen der Schweiz und der EU. Aber die «weisse Linie» mit Produkten wie Trinkmilch oder Butter sind vor der ausländischen Konkurrenz noch durch Zölle geschützt. Die grösste Herausforderung für den Schweizer Milchmarkt ist daher eine vollständige Marktöffnung. Der Druck dazu stammt von den Freihandelsabkommen, die derzeit überall auf der Welt ausgehandelt werden oder bereits verhandelt sind. Einkaufstourismus und steigende Käse-Importe verstärken den Druck.
Erosion der Mitte
Gemäss Matteo Aepli, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Gruppe für Agrarökonomie an der ETH Zürich, führt dies in der Schweizer Milchindustrie zu einer «Erosion der Mitte: Mittlere, schwierig zu positionierende Unternehmen werden im Rahmen des Konsolidierungsprozesses mehrheitlich verschwinden respektive in grossen Unternehmen aufgehen. Denn Commodity-Hersteller sind mit einem besonders grossen Preisunterschied zum Ausland konfrontiert und werden deshalb bei einer Öffnung stark unter Druck geraten, sofern sie sich nicht weiterentwickeln». Er empfiehlt Marktanteilsverluste im Inland durch eine zunehmende Exportorientierung zu kompensieren. Eine Möglichkeit zur Positionierung im Inland seien Spezialitäten und Regionalprodukte. Austauschbare Produkte ohne Mehrwert wie Butter oder Milchpulver werden es jedoch schwer haben. Handkehrum profitieren die Importe generell von tiefen Kosten. Bei den Käseimporten, die 2015 total um 2,9 Prozent stiegen, lagen bei den Einzelsorten nicht mehr Grana/Parmiggiano an der Spitze (Rückgang um 18,8 Prozent), sondern neu Mozzarella mit 4754 Tonnen (+2,3 %).
Befürchtungen bewahrheitet
Im Käsemarkt, in der Schweiz viele Spezialitäten und Regionalprodukte bietet, erlebte die Branche 2015 ein schwieriges Exportjahr. Die von Switzerland Cheese Marketing AG (SCM) und TSM Treuhand GmbH (TSM) Bern veröffentlichten Zahlen für das Exportjahr 2015 weisen mit 68 459 Tonnen (+ 204 t) exportiertem Käse, Schmelzkäse und Fertigfondue eine weltweite Steigerung von + 0,3 Prozent aus.
Dennoch haben sich die Befürchtungen der Schweizer Käsewirtschaft bewahrheitet. Insbesondere die bekannten Schweizer Sortenkäse, die «Zugpferde» des Käseexports, litten 2015 stark. So mussten Emmentaler AOP, Le Gruyère AOP und Appenzeller Verluste hinnehmen. Dies ist auf die Aufhebung des Euro-Mindestkurses und die damit verbundenen Preiserhöhungen dieser drei Sortenkäse zurückzuführen. Insgesamt nahmen die Exporte in die EU mengenmässig um 1,5 Prozent ab. Mit der Aufhebung der Milchkontingentierung und der Weiterführung des Russlandembargos hat sich die Konkurrenzsituation in der EU zusätzlich verschärft. In diesem stark umkämpften Hauptmarkt sind koordinierte Absatzförderungsmassnahmen für Schweizer Käse am Verkaufspunkt wichtiger denn je.
Spürbare Wertminderung im Export
2015 betrug der Erlös für die Schweizer Käsebranche (Milchbauern, Käser, Affineure, Handel) insgesamt 613,7 Millionen Schweizer Franken. Dies entspricht einer Abnahme von – 3,8 Prozent im Vergleich zur Vorjahresperiode. Die durchschnittlichen Exportpreise sind demzufolge um – 4,2 Prozent gesunken. Dank einer wirkungsvollen Marktbearbeitung der Branchenakteure, mit verstärktem Fokus auf den Verkaufspunkt, geniesst der Schweizer Käse weiterhin das Vertrauen der Konsumenten. Diese zeigen sich nach wie vor bereit, den im Vergleich teureren Schweizer Käse zu kaufen. Der wichtigste Handelspartner für Schweizer Käse bleibt Europa. Rund 80 Prozent der Schweizer Käseexporte (55 647 t) gehen in unsere Nachbarländer. Hauptabnehmer bleiben Deutschland (30 892 t, – 0,1 %), Italien (10 332 t, + 2,8 %) und Frankreich (4563 t, – 15 %). Die Exporte nach Übersee nahmen um +1043 t (+ 8,9 %) auf total 12 702 t zu. Die Exporte nach Russland legten mengenmässig um 15,3 Prozent zu, verloren wertmässig aber um 15,2 Prozent. Im Vergleich zum Gesamtexport entspricht der Export nach Russland mengenmässig nur etwa 2 Prozent.
Neue Strategie
Die Milchbranche will sich fit machen mit einer neuen Strategie für den härteren Wettbewerb. Sie rechnet in den nächsten 10 bis 15 Jahren mit einer vollständigen Liberalisierung des Milchmarktes. Die Schweizer Milchproduzenten SMP diskutierte die Lage Ende November 2015 am Milchforum in Luzern. «Die Milchbranche benötigt einen Plan, wie sie in einem offenen Markt bestehen kann», sagte Markus Zemp, Präsident der Branchenorganisation Milch (BOM). Die BOM habe deshalb begonnen, eine Mehrwert- und Qualitätsstrategie auszuarbeiten. Deren Ziel sei es, Alleinstellungsmerkmale zu entwickeln, die man dann auf dem Markt ausspielen könne. Die Schweiz verfüge über viele Trümpfe: Strenger Tierschutz, hohe Milchqualität, schöne Landschaften, Familienbetriebe sowie Kühe, die auf die Weide dürften. «Wir müssen Schweizer Werte in unsere Produkte hineinpacken», forderte Zemp. Zudem brauche es starke Marken, wie es sie in der Fleischbranche beispielsweise mit Natura-Beef gebe. «Anders als die Milchproduzenten fürchten sich die Verarbeiter weniger vor einer Liberalisierung», so Markus Willimann, Präsident der Vereinigung der Schweizerischen Milchindustrie VMI. «Aber sie muss neue Exportmärkte aufbauen.» Auch hochpreisige Milchprodukte könnten mit cleverem Marketing auf dem EU-Markt abgesetzt werden. Beispiele sind Käse aus reiner Jerseymilch oder die österreichische Milchwirtschaft, die mit ihren Heumilch-Produkten Exporterfolg hat. Zemp will allerdings nicht nur im Export eine Chance sehen, sondern auch im Inland den Marktanteil halten. (SCM, TSM, OZD, LID)
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