Mit der Schliessung der Gastronomie fiel ein Verkaufs-Kanal aus, der üblicherweise 50 Prozent des Fleischabsatzes ausmacht. Im Frühjahr wurden die Importe kurzfristig ausgesetzt, um die Inlandproduktion zu stützen, Fleisch aus der inländischen Produktion wurde zur Marktentlastung eingefroren. Die verfügbare Menge Fleisch insbesondere bei Rind und Schwein war im Monat April geringer als im Vorjahr, stieg aber ab Mai wieder an.
Trotz Schliessungen der Gastronomie im Frühjahr und im Herbst sank der statistisch erfasste Fleischverbrauch insgesamt nicht. Mit höherer Produktion konnte die Nachfrage nach Fleisch der im Land gebliebenen Bevölkerung gedeckt werden. Die Geflügel- und Schweinefleischproduktion war höher als im Vorjahr, die Produktion von Kalbfleisch sowie von Fleisch von Verarbeitungskühen jedoch rückläufig. Der Inlandanteil blieb konstant auf 81 Prozent. Beim Geflügel beträgt der Inlandanteil mittlerweile 66,2 Prozent. Insgesamt wurden 2020 in der Schweiz rund 5600 (1,5 Prozent) Tonnen mehr Fleisch verbraucht als 2019. Da die mittlere ortsanwesende Bevölkerung um 1,7 Prozent höher war als 2019, blieb der Pro-Kopf-Verbrauch praktisch auf dem Vorjahres-Niveau (–0,5 Prozent).
Mehr Fleischzubereitung zu Hause
«Bleiben Sie zu Hause», hiess es über weite Strecken des Jahres, und so war die mittlere ortsansässige Bevölkerung, die versorgt werden musste, um 1,7 Prozent höher als im Vorjahr. Der Besuch im Restaurant war eingeschränkt, viele Leute verbrachten ihren Urlaub in der Schweiz und konnten nicht im grenznahen Ausland einkaufen, wodurch der Lebensmittel-Absatz im Detailhandel stieg. Fleisch wurde in diesem ausserordentlichen Jahr vermehrt in den eigenen vier Wänden gekocht und gegessen. Allerdings werden dafür andere Fleischarten und -stücke gekauft, als ausser Haus konsumiert wird. Verarbeiter und Handel mussten die Vertriebskanäle und die Produktepalette der geänderten Nachfrage im Detailhandel anpassen. Der durch schnittliche Wochenabsatz von Fleisch im Detailhandel stieg während des ersten Lockdowns im März, April und Mai gegenüber dem Vorjahr markant an.
Bezogen auf die Fleischarten war insbesondere der durchschnittliche Absatz von Geflügelfrischfleisch pro Woche in den Monaten April und Mai rund 300 Tonnen höher als im Vorjahr. Der Fleisch-Absatz im Detailhandel insgesamt stieg um 11,6 Prozent, der von Fisch sogar um 18,3 Prozent.
Das Interesse an Rezepten und Zubereitungstipps zeigte sich auch an den Zugriffen auf die Fleischrezepte von schweizerfleisch.ch. Viermal mehr Besucher als 2019 suchten 2020 ein Rezept. Neben den Zubereitungstipps wurden auch Informationen zur Produktion und Verarbeitung von Schweizer Fleisch vermittelt und so die Wertschätzung der einheimischen Produktion gefördert.
Fleischersatzprodukte gewinnen an Bedeutung
Auch wenn die Coronapandemie andere Themen in den Hintergrund drängte, Tierwohl und nachhaltige Fleischproduktion blieben im Fokus gesellschaftspoliti scher Diskussionen. Immer mehr Fleischersatzprodukte wurden in den Medien angepriesen und fanden ihren Platz in den Regalen der Grossverteiler. Den Durchbruch schafften diese Produkte 2020 aber noch nicht. Die Menge stieg von 1550 Tonnen (2016) auf 2550 Tonnen Verkaufsgewicht 2020, das sind rund 2,5 Prozent der verkauften Menge Fleisch und Fleischprodukte im Detailhandel.
Mehrheitlich stabile Produzentenpreise auf hohem Niveau
Die über weiten Strecken stabile Marktsituation im Schweinemarkt hat in der Produktion für stabile Produzentenpreise gesorgt. Angebot und Nachfrage waren bis weit in den Herbst ausgeglichen. Auffällig ist der Exportanstieg beim Schweinefleisch. Mit 2580 Tonnen ist er rund 1000 Tonnen höher als 2019.
Beim Rindvieh fielen die Preise für Bankvieh im April wegen des Lockdowns kurz auf das Niveau von 2018, stiegen aber schnell wieder an und blieben mit rund 9.75 Fr. bis 9.80 Fr. pro kg SG auf hohem Niveau stabil. Die Schlachtungen von Verarbeitungstieren vermochten die gute Nachfrage nicht zu decken. Mit Ausnahme des April lagen die Preise deutlich über den Vorjahren und näherten sich in den letzten Jahren kontinuierlich den Preisen für Rinder, Muni und Ochsen.
Die Kalbfleischproduktion ist eng mit dem sich strukturell wandelnden Milchmarkt gekoppelt und dadurch seit einigen Jahren unter Druck. 2020 kam der Kalbfleischmarkt durch die starken Einschränkungen im Absatzkanal Gastronomie zusätzlich unter Druck. Auswärts wird bedeutend mehr Kalbfleisch gegessen als zu Hause. Somit fiel 2020 einer der Hauptkunden zusätzlich weg. Mit Marktentlastungsmassnahmen konnte einerseits der Produzentenpreis gestützt werden. Andererseits sorgten Aktivitäten im Detailhandel dafür, dass das Kalbfleisch in diesem schwierigen Jahr vermehrt über diesen Kanal abgesetzt werden konnte. Die Kalbfleischproduktion sank um 4,6 Prozent gegenüber dem letzten Jahr. Damit setzt sich der Trend fort. In den letzten 10 Jahren sank der Konsum von Kalbfleisch rund um einen Drittel. Dies im Gegensatz zum Rindfleisch. Gründe sind vor allem Tierethik, Tiergesundheit und Preis. Das Bewusstsein und die Sensibilität zu diesen Themen haben in den letzten Jahren einerseits stark zugenommen. Andererseits ist das hochpreisige Kalbfleisch für die junge Generation kaum erschwinglich und das weisse günstige Pouletfleisch liegt etwas mehr im Trend.
Weiterführende Informationen unter: www.proviande.ch