Ungefähr die Hälfte der Schweizer Käse werden Schmiere-gereift. Sie werden mit einer Mischung aus Wasser, Salz und zum Teil auch Kulturen von Mikroorganismen eingerieben. Darunter fallen traditionelle Sorten wie z. B. Appenzeller®, Tilsiter oder Raclette, aber auch zahlreiche lokale und regionale Spezialitäten. Charakteristisch ist dabei die orange-braune Rinde, die aus einer Mikroflora – der sogenannten Käseschmiere – besteht, welche die Milchsäure vom Käse abbaut und dadurch zum typischen Aroma beiträgt.
Das von Agroscope entwickelte, neue Verfahren zur Reifung von Käse hat einige interessante Vorteile, da der Aufwand deutlich kleiner ist als bei der traditionellen Schmiere-Reifung. Die Käse verlieren während der Reifung deutlich weniger Wasser, was den Reifungsprozess beschleunigt, zu einer feineren Rinde, einem intensiveren Aroma und zu einer weicheren Textur führt. Nach der Reifung kann die Schmiere sehr einfach entfernt werden. Da ein kleiner Anteil der Schmiere auf der Käseoberfläche verbleibt, behalten die Käse das charakteristische Erkennungsmerkmal, die orange-braune Käserinde. Käse, die nach diesem Verfahren gereift wurden, bilden in der Vorverpackung keine Fehlgerüche und sie kleben nicht.
Agroscope hat das neue Käsereifungsverfahren im Jahr 2020 zum Patent angemeldet. Es funktioniert folgendermassen: Die Käse werden nach dem Salzbad in einen biologisch abbaubaren Stoff verpackt. Die Mikroflora der Käseoberfläche wächst in der Folge auf dem Stoff. Am Ende der Reifung kann der Stoff einfach entfernt werden. Ein kleiner Teil der Mikroflora bleibt auf dem Käse zurück, womit er die typische orange-braune Rinde behält.
Um das neue Verfahren in der Praxis umzusetzen, arbeitet Agroscope mit 13 kleineren und grösseren Käsereien, zwei Textilfirmen und einem Maschinenbauer zusammen. Die bisherigen Versuche wurden mit einer grossen Vielfalt an verschiedenen Hart- und Halbhartkäsen durchgeführt. Dabei zeigte sich, dass das Wissen und die Erfahrung vorhanden sind, um das Verfahren bei allen beteiligten Käsereien erfolgreich einzuführen.
«Das neue Verfahren eröffnet auch interessante Möglichkeiten für Innovationen», so Philipp Koller von der Käserei Koller in St. Margrethen, die seit Beginn mit dabei war. Und weiter: «Das Patent ist wichtig, weil es die Planungssicherheit für Investitionen erhöht».
Aktuell schützt das Patent (3 981 258) das neue Verfahren in sechs Ländern (Schweiz, Deutschland, Österreich, Italien, Frankreich und Niederlande). Um die Erfindung geografisch und inhaltlich noch breiter zu schützen, reicht Agroscope nun eine Nachanmeldung für einen sogenannten Patent Cooperation Treaty (PCT) ein. Der PCT ist ein Vertrag über die internationale Zusammenarbeit im Bereich des Patentwesens.
Für die ersten Versuche wurden die Käse noch von Hand eingepackt. Es ist denkbar, dass kleine Käsereien, wie z.B. Alpkäsereien, das auch in Zukunft so machen werden. Grössere Betriebe müssen die Käse aber maschinell einpacken können. Deshalb ist Agroscope gemeinsam mit der zmb automation belp AG aus der Maschinenbranche daran, einen Prototyp zu entwerfen.
«Es ist wichtig, dass das Verfahren von möglichst vielen Käsereien angewendet wird. Dadurch werden der Stoff und die Verpackungsmaschinen für alle günstiger und entsprechend wirtschaftlicher», so Hans-Peter Bachmann, wissenschaftlicher Projektleiter bei Agroscope und Miterfinder des neuen Verfahrens. Zudem testen Forscherinnen und Forscher von Agroscope derzeit ein ähnliches Verfahren, um neue, vegane Lebensmittel herzustellen.
Weitere Informationen unter www.agroscope.ch