Die Erbenschale macht rund 12% der Gesamtmasse der Erbse aus und fällt als Nebenprodukt bei der Stärke- und Proteingewinnung an. Mehr als 80% Ballaststoffe enthält die Schale. Zudem ist sie reich an bioaktiven sekundären Pflanzenstoffen. Aufgrund der kompakten Struktur der Zellwandpolysaccharide weisen die Erbsenschalen allerdings geringe funktionelle Eigenschaften auf. Daher lohnt es sich bisher nicht, die Schalen wieder der Lebensmittelproduktion zuzuführen. Bislang landen sie in der Regel im Tierfutter und erzielen eine geringe Wertschöpfung. Nun ist einem Forscherteam der Universitäten Berlin und Hamburg ein erster Durchbruch bei der Verwertung von Erbenschalen gelungen.
In der Eiweisspflanzenstrategie des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) haben Lebensmitteltechnologen der Technischen Universität Berlin und der Universität Hamburg ein vielversprechendes enzymatisch-mechanisches Verfahren entwickelt, mit dem sich die technofunktionellen Eigenschaften und der Nährwert von Erbsenschalen entscheidend verbessern lassen.
Werden die Erbenschalen mittels Hochdruckhomogenisierung oder Mikrofluidisierung nassmechanisch behandelt, so verbessert dies ihre Wasserbindungseigenschaften und ermöglicht eine Freisetzung der beiden Sekundärmetabolite Saponin und Flavonoid. Dieser Effekt ist umso ausgeprägter, je geringer die erzielte Partikelgrösse ausfällt. Hatten über 90 Prozent der Partikel einen Durchmesser von unter 80 μm, entstanden stabile viskoelastische Suspensionen.
Enzyme verbessern Wasserbindung
Durch eine zusätzliche enzymatische Vorbehandlung ist es den Forschern gelungen, die technofunktionellen Eigenschaften der Erbsenfasern gezielt zu beeinflussen und zugleich deren Gehalt an Saponinen zu senken. Dabei führte der Einsatz von Zellulase zu Suspensionen mit einer moderaten Viskosität, die Kombination von Zellulase mit Hemizellulase zu Fasern mit einer hohen Wasserbindung (ca. 35 g Wasser/ g unlöslicher Faser) und zur Ausbildung stabilerer Gele.
Zudem wurden verschiedene Trocknungsverfahren getestet. Dabei schnitten die im Vakuum getrockneten Faserprodukte in punkto Wasserbindekapazität ebenso gut ab wie manche kommerziell angebotenen Ballaststoffstoffe. Darüber hinaus spricht nach Einschätzung des Forscherteams vieles dafür, dass eine kommerzielle Nutzung der Fasern zur Gewinnung von Saponinen und Flavonoiden möglich ist. Dies ist jedoch nur bei einzelnen Sorten mit aussergewöhnlich hohen Gehalten dieser Sekundärmetabolite sinnvoll.
Verfahren in der Praxis umsetzbar
Grundsätzlich sind die Ergebnisse für alle Unternehmen entlang der Wertschöpfungskette von Lebensmitteln interessant, bei denen zellulosereiche Fasermaterialien als Nebenprodukt anfallen. Die Forschenden haben einen Weg aufgezeigt, hieraus funktionelle Lebensmittelzutaten zu erzeugen. Diese sind für Anwendungen von Interesse, in denen eine gute Wasserbindung notwendig ist. Aufgrund der Eigenfarbe und des Eigengeschmacks der Erbsenfasern ist deren Einsatz allerdings bisher auf Produkte begrenzt, deren Qualität dadurch nicht beeinträchtigt wird. Denkbar sind hier Fleischersatzprodukte, Backwaren, Snackartikel und Convenience-Food.
In der Lebensmittelindustrie ist die eingesetzte Technik noch nicht sehr weit verbreitet. Hier bedarf es entsprechender Investitionen. Die steigende Nachfrage nach pflanzlichen Lebensmitteln und speziell Pflanzenproteinen dürfte das Verfahren allerdings wirtschaftlich interessant machen. Damit tragen die Forschungsergebnisse zu einer nachhaltigen Nutzung heimischer Körnerleguminosen für die Herstellung hochfunktioneller, sicherer und gesundheitsfördernder Lebensmittelzutaten bei. (Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung BLE)