«Alle tierischen Lebensmittel sind schlecht, alle pflanzlichen Lebensmittel sind gut», ist offenbar die neue Parole. Wie Orwell uns lehrt, ist die Realität selten so einfach, wie Slogans es uns weis machen wollen. Können wir uns sicher sein, dass alles, was pflanzlich ist, automatisch besser für die Umwelt ist? Ist es wirklich so, dass alle tierischen Produkte in denselben Topf geworfen werden können? Statt solche Vereinfachungen zu schlucken, sollten wir eine ehrliche und unabhängige Debatte fordern – mit echten Daten und Fakten.
Ja, pflanzlich klingt erst einmal gut, aber wer trägt wirklich die Verantwortung für die Umweltfolgen? Wie kommt das Soja-Schnitzel eigentlich in den Supermarkt? Nicht alle pflanzlichen Lebensmittel sind per se nachhaltig. Soja wird gerne als Heilsbringer gefeiert. Wer fragt nach den ökologischen Folgen? Abholzung von Regenwäldern, enormer Wasserverbrauch, Monokulturen, Pestizideinsatz – die Liste ist lang. Der Transport von Soja und anderen «neuen Heiligen» wie etwa Hülsenfrüchte rund um den Globus hinterlässt seine Spuren ebenso wie die industrielle Verarbeitung. Das ist keine Schwarzmalerei, sondern eine Aufforderung, genauer hinzuschauen. Natürlich könnte man jetzt mit dem Finger auf die Fleischesser zeigen und behaupten, dass der Grossteil des Sojaanbaus als Tierfutter in der industriellen Mast verwendet wird.
Wie sieht es aus, wenn wir über grasbasiertes Rindfleisch sprechen? Weidetiere leben im Einklang mit der Natur. Sie grasen auf Grasland, das wir nicht für den Ackerbau nutzen können, in der Schweiz immerhin 70 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen. Rinder und andere Wiederkäuer wandeln das Gras in wertvolles Protein um, ohne Abholzung, Monokulturen oder übermässigen Wasserverbrauch. Weidetiere sind seit Jahrtausenden ein Bestandteil des Ökosystems. Ihr natürliches Verhalten schafft positive Effekte wie eine erhöhte CO₂-Bindung, eine Förderung der Biodiversität.
Bei «Alpahirt» und unseren Partnerbetrieben grasen die Tiere auf den regionalen Sömmerungswiesen und Alpen der Schweiz. Sie ernähren sich ausschliesslich von Gras und Alpenkräutern, ohne die Umwelt durch industriellen Futteranbau zu belasten. Hier gibt es auch keine langen Transportwege. Die Tiere werden in der Region geschlachtet und komplett weiterverarbeitet. Warum wird das Fleisch der Alpahirt-Kühe und anderer nachhaltig arbeitenden Betriebe in eine Schublade mit industriellem Fleisch aus Massentierhaltung gesteckt? Nicht das Halten von Vieh an sich ist für Umweltschäden verantwortlich, sondern die Methoden, die in der industriellen Tierhaltung angewendet werden. «It’s not the cow, it’s the how!» Weidefleisch hat eine vollkommen andere Umweltbilanz und bietet eine echte Alternative – übrigens auch zu den industriellen Produktionsketten vieler pflanzlicher Lebensmittel.
Es ist Zeit, dass wir uns von einfachen Parolen verabschieden und uns den komplexen Fragen der Ernährung stellen. Nachhaltigkeit ist mehr als ein Etikett. Sie erfordert eine ganzheitliche Betrachtung der gesamten Produktionskette. Wir brauchen keine Slogans, sondern echte, differenzierte Informationen. Vielleicht sollten wir von Orwell lernen und uns davor hüten, in einfachen Gut-Schlecht-Kategorien zu denken. Es geht auch keineswegs darum, alle zu Fleischessern zu machen oder pflanzliche Ernährung per se zu verteufeln. Es geht um bewussten Konsum, um die Wahl von Produkten, die wirklich gut für uns sind – unabhängig davon, ob sie tierischen oder pflanzlichen Ursprungs sind. Wir sollten lernen, genauer hinzuschauen und Verantwortung zu übernehmen – für uns, für die Tiere und für unseren Planeten.
Adrian Hirt, Gründer und Geschäftsführer von Alpahirt
▶ In dieser Rubrik äussern Vertreter aus der Lebensmittelindustrie ihre Meinung zu aktuellen Themen.