Proteine sind ein unverzichtbarer Bestandteil der menschlichen Ernährung. Doch die Art und Weise, wie sie derzeit produziert und konsumiert werden, bringt viele Probleme hinsichtlich der sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Auswirkungen mit sich. Es braucht Alternativen, die nur die wissenschaftliche Forschung bieten kann. In einer Zeit, in der die Gefahren des Klimawandels offensichtlicher denn je sind, kann die Lebensmittelsicherheit nur garantiert werden, wenn auch ihre Produktionsweise überdacht wird. Alternative Proteinquellen sind dabei eine Chance, um der Nachfrage einer wachsenden Weltbevölkerung ressourcenschonend zu begegnen.
Seit diesem Jahr finanziert die Europäische Kommission das Projekt Smart Protein, das ganz auf der Linie des europäischen Green New Deal liegt und eine zukunftssichere Proteinversorgung durch nachhaltige und nahrhafte alternative Proteine ermöglichen soll. Mit einem Fonds von 9,6 Millionen ist das Projekt auf vier Jahre angelegt. Ziel ist es, bis 2025 eine Reihe von proteinreichen Lebensmitteln auf der Grundlage von Pflanzen, Pilzen, Nebenprodukten und Rückständen aus der Lebensmittelproduktion herzustellen. In der zweiten Hälfte dieses Jahrzehnts sollen nicht nur europäische Verbraucher Zugang zu pflanzlichem Fleisch, Fisch, Meeresfrüchten, Käse, Säuglingsmilchpulver und anderen eiweisshaltigen Milchprodukten - einschliesslich Backwaren - erhalten.
Aus Gemüse und Pseudogetreide wie Bohnen, Linsen, Kichererbsen und Quinoa werden neue Lebensmittel entwickelt, wobei der Schwerpunkt auf der Verbesserung von Struktur, Geschmack und Aroma liegt. Um dies zu erreichen, werden die Forschungsteams Methoden suchen, wie Proteine kostengünstig extrahiert werden können. Weitere Forschungsschwerpunkte werden im Bereich Proteinchemie, Polymerstruktur, dem physikalisch-chemischen Verhalten und der Interaktion von Proteinen liegen. Die Ergebnisse sollen zu einer besseren Nutzung der Eigenschaften von Proteinen führen und einen individuelleren Einsatz für unterschiedliche Lebensmittel und Getränke erlauben.
Protein-Wertschöpfungskette überdenken
Die Strategie des Smart-Protein-Projekts setzt auf vier Prioritäten: Ernährung, Nachhaltigkeit, Innovation sowie Vertrauen und Akzeptanz der Verbraucher. Diese Prioritäten werden durch globale Partnerschaften mit Konsortiumsmitgliedern aus Europa, Nordamerika, Israel, Thailand und Neuseeland umgesetzt. Allein in Europa arbeiten 33 Partner aus 21 Ländern - Universitäten, Forschungszentren und Lebensmittelunternehmen – am Projekt; die Koordination liegt in den Händen der School of Food and Nutritional Sciences am University College Cork in Irland. Zu den industriellen Partnern zählen unter anderem Barilla, Thai Union und AB InBev.
„Mit dem Smart-Protein-Projekt überdenken wir die gesamte Protein-Wertschöpfungskette, von der Produktion bis zum Verbrauch, sowohl in Bezug auf die Produktion als auch auf die Umwelt. Wir streben auch die Wiederherstellung der Bodengesundheit durch regenerative ökologische Landwirtschaftsmethoden an, die in der Lage sind, von einer kohlenstoffbasierten Landwirtschaft auf eine kohlenstoffarme Landwirtschaft umzustellen, die widerstandsfähiger in Bezug auf die Auswirkungen des Klimawandels ist und eine langfristige finanzielle Zukunft der Landwirte unterstützt", unterstreicht Emanuele Zannini, Forscher an der Universität Cork und Koordinator von Smart Protein.
Zwei italienische Universitäten sind am Projekt beteiligt: die Universität Udine und die Freie Universität Bozen mit dem Labor Micro4Food, das am NOI Techpark angesiedelt ist.
Ziel des Labors Micro4Food unter der Leitung von Prof. Marco Gobbetti und Prof. Raffaella Di Cagno wird es sein, zu verstehen, wie durch die Integration von Proteinen, die aus Pflanzen, Hefen, Pilzen oder aus Resten der Bierverarbeitung gewonnen werden, neuartige Lebensmittel im Bereich Milchprodukte, Brot und Teigwaren entwickelt werden können.
„Wir haben bereits mit der chemisch-nährstofflichen Charakterisierung der Ursprungsrohstoffe begonnen. Daraus werden wir jene Zutaten gewinnen, die wir zur Anreicherung von Produkten auf Weizen- oder Milchbasis benötigen, die normalerweise kein Protein enthalten", erklärt Prof. Raffaella Di Cagno.
(Uni Bozen)